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Text und Fotos: © Martin Schlu,  Stand: 29. Oktober 2025
                                        
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Der Alexanderplatz war für die Ostdeutschen bis 1989 der beste Platz um sich zu treffen und vom Westen zu träumen. Für uns Wessis war dieser Platz die Stelle, die am wenigsten nach DDR aussah - vor allem durch den 368 Meter hohen Fernsehturm -  und der Platz hatte in den 1970er und 80er Jahren einfach Flair. Es gab einen großen Bahnhof wie beim westlichen Bahnhof Zoo und die Weltzeituhr funktionierte. Mehrheitlich zeigte sie die Zeit der sozialistischen Bruderländer der DDR, aber als Wessi konnte man sich hier die Länder vorstellen, über die im Westen kaum einer etwas wußte. Legendär war die Buchhandlung am Platz, weil es die sozialistischen Pflichtausgaben von Mao, Marx und Engels oft für umsonst gab und die Bach-Ausgaben des VEB Leipzig für maximal drei Mk (Ost), obwohl sie in grünes Leinen gebunden waren. Im Westen kostete diese Ausgabe mindestens das Zehnfache.

Vorbei!!!


Das Restaurant oben in der Kuppel dreht sich - wenn man am Tisch sitzen bleibt, hat man in eienr Stunde ganz Berlin gesehen.
Das Restaurant oben in der Kuppel dreht sich - wenn man am Tisch sitzen bleibt, hat man in eienr Stunde ganz Berlin gesehen.

1992 kam ich das erste Mal nach dem Mauerfall wieder zum Alex. Den Buchladen gab es zwar noch, doch die Preise hatten natürlich Westniveau und von Mao und Marx wollte keiner mehr etwas lesen. Stattdessen wurde der neu eingerichtete Kaufhof das Symbol für den hier entfachten Konsumrausch und es gab damals schon viel Leerstand, weil alle wußten, daß der Platz in Zukunft boomen würde.

Neun Jahre später (2001) kam ich wieder hierhin und der Platz boomte. Der Baulärm war unbeschreiblich, der Kaufhof hatte geöffnet und es gab Freßbuden mit Preisen, die man sich alleine hätte leisten können, aber mit Kindern (2x11) war dies nicht möglich. Wir haben dann bei einem Wurstfritzen gekauft - er stand unter einem Regenschirm, auf dem Rücken die Gasflasche und vor seinem Bauch den Gasgrill mit Würstchen - und gaben für vier Würstchen fast dreißig Mark aus. Zwei Jahre später war dies der Preis in Euro - nur unsere Gehälter hatten nicht mitgeboomt und deswegen war das Gleiche beim gleichen Wurstfritzen doppelt so teuer geworden. Die meiste Leute stömten in den Kaufhof und keine Sau interessierte sich mehr für die Weltzeituhr, obwohl sie immer noch funktionierte.

Der ehemalige sozialistische Buchladen bei einem seiner späteren mehrmaligen Ausverkäufe.
Der ehemalige sozialistische Buchladen bei einem seiner späteren mehrmaligen Ausverkäufe. Vorne der Brunnen der Völkerfreundschaft.

2006 war es ruhiger geworden. Der Brunnen der Völkerfreundschaft stand einsam auf dem Platz, war aber restauriert worden und der Neptunbrunnen hatte dafür einen häßlichen Bauzaun. Der ehemalige Buchladen hatte einen Nachfolger gefunden, der alles ausverkaufte - dies geschah in den kommenden Jahren noch öfter. Die Weltzeituhr funktionierte immer noch.

Die Weltzeituhr funktionierte 2006 immer noch.
Die Weltzeituhr funktionierte 2006 immer noch, 2025 nur noch teilweise.

Die nächsten Jahre war ich immer wieder in Berlin, aber nicht immer am Alexanderplatz. Schöner ist der Alex dadurch nicht geworden und die Weltzeituhr vergammelte und zeigte im Mai 2025 nur noch ab und zu die korrekte Zeit.

Der Eingang zum Fernsehturm - einer der tristesten Plätze um den Alex
Der Eingang zum Fernsehturm - einer der tristesten Plätze um den Alex.

Die letzten Jahre habe den Alex wieder als boomendes Baugebiet erlebt und gegenwärtig werden zwei Hochhäuser hochgezogen, von denen ich noch nicht sicher bin, ob es nicht doch Bauruinen werden, auch wenn René Benko diesmal nicht seine Finger im Spiel hatte. In ein paar Jahren wird man es wissen.

Wird es eine Bauruine oder wird es fertiggestellt? Abwarten!
Wird es eine Bauruine oder wird es fertiggestellt? Abwarten!

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