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Egeskov slot - Geschichte und Kinderparadies
Text und Fotos: © Martin Schlu,    Stand: 24. Juni 2025

                                               
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Faaborg

Egeskov

Kerteminde

Odense


Egeskov, Egeskov Gade 18, DK 5772 Kværndrup, Eintritt Park und Schloß DKK 265 (= ca. € 35,00)

Bau - Modemuseum - Rittersaal - Jagdzimmer - Titania-Palast - Spielzuegmuseum - Küche - Diverses


Schloß Egeskov ist ein Schloß aus dem 16. Jahrhundert, das von Frands Brockenhuus (1518–1569) in Auftrag gegeben und im Jahre 1554 fertiggestellt wurde. Brockenhuus hatte als vermögender Mann die Tochter eines Großbauern geheiratete und weil reiche Leute im damals armen Fünen mißtrauisch beäugt wurden, hatte er den Neubau seines Hauses direkt als Wasserburg geplant. Die Reformation und die daraus folgenden Kriege waren noch gut in Erinnerung und wer es sich leisten konnte, baute vorsorglich etwas stabiler.


Gut zu erkennen, daß das Schloß in einem See liegt.
Gut zu erkennen, daß das Schloß in einem See liegt.

Diese Wasserburg mußte natürlich auf starke Fundamente gebaut wurde und so wurde ein Eichenwald gerodet und die Baumstämme in das sumpfige Gelände gerammt - wie in Venedig. Von diesen Eichen hat das Schloß seinen Namen (egeskov = Eichenwald). Die Vorsorge zahlte sich allerdings aus - das Haus wurde nie erobert und immer intakt an die nächste Generation weitergegeben. Damit klar war, wer hier das Sagen hatte, hängten der Bauherr das Konterfei der Eheleute in die Eingangshalle, so daß jeder Besucher es sehen mußte.

Frans Brockenhuus und seine Ehefrau Anna Tinhuus
Frans Brockenhuus und seine Ehefrau Anna Tinhuus

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1748 wurde das Schloß an die nächste Adelsfamilie verkauft, 1882 übernahm es die Familie Ahlefeldt, eine holsteinische Adelfamilie mit langer Ahnenliste und einem gewissen politischen Einfluß nach Holstein und Dänemark. Denen gehört das Schloß noch heute und das ist gar nicht schlecht, weil die Familie natürlich ein Interesse am Erhalt hat und entsprechend wirtschaftet. Tagsüber wird das Schloß für Touristen geöffnet, abends wird es bewohnt. Damit die Touristen auch bereit sind, ihr Geld da zu lassen, hat die Familie ihre Landwirtschaft etwas effektiver gestaltet und das freigewordenen Personal im Schloß beschäftigt. Ein Teil arbeitet als Gärtner, etliche in der schloßeigenen Gastronomie und im Souvenirverkauf und alle haben gut zu tun. Parallel zum Schloßbetrieb hat die Famile einen Freizeitpark angelegt, an dem man die Kinder sicher eine Stunde parken kann, wenn man sich das Schloß ansehen will. Meine Frau und ich hatten unsere Kinder bei solchen Gelegenheiten schon vor Jahren immer mit einem großen Eis bestochen und haben uns dafür eine Stunde Zeit erkauft.

Wenn man das Schloß besichtigen will, sollte man Treppen steigen können, denn einen Lift gibt es nicht. Im ersten Stock ist eine Modeausstellung der Moden des 19. und frühen 20. Jahrhundert. Die Stücke sind aus dem Familienbestand und in recht gutem Zustand. Allerdings kann man nur von einer Seite schauen, weil alles in Vitrinenschränken ist und man kann auch nicht gescheit fotografieren, weil das Glas nicht entspiegelt ist.

Die Ballkleider der Generation, die um 1880 geboren wurde.
Die Ballkleider der Generation, die um 1880 geboren wurde

Zu sehen ist auch ein - angeblich - originales Ballkleid der Prinzessin Marie-Antoinette, aber der Bezug zum Schloß wird nicht klar: Wurde es ersteigert? Hat es eine Kammerfrau von ihr als abgelegtes Kleid bekommen und verkauft? Dafür hat man einen Guilliotinen-Nachbau hingestellt - inclusive abgeschlagenem Kunststoffkopf mit viel roter Farbe. Das stört aber eigentlich eher.

Ein Schmankerl fand ich aber bei der Dienstkleidung für Frauen und Männer. Im Hintergrund der Dienstmädchenkleidung hing links oben ein berühmtes Bild von Jean-Étienne Liotard: „Das Schokoladenmädchen“ von 1745. Da ging es nicht darum, zu zeigen, daß man sich Personal leisten konnte (das hat damals ja kaum etwas gekostet), sondern das Besondere war der Kakao, der teurer war als das Personal, das ihn serviert.
Das
war das  Statussymbol.

Dienstmädchenkleid Schokoladenmädchen
Das Dienstmädchenkleid
Das Schokoladenmädchen

Wer das Bild in groß sehen will, klickt einfach auf das Schokoladenmädchen.

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Wenn man mit der Mode durch ist, kommt man in das Jagdzimmer. Heute muß man aus Gründen der politischen Korrektness wahrscheinlich die Augen schließen, aber was hier hängt, ist Kolonialgeschichte pur. Auf zahlreichen Reisen sind diese Viecher erbeutet/geschossen worden - immer mit der Hilfe der eingeborenen Führer, die für ein bißchen Geld die Jäger von Egeskov zu den Elefanten, Löwen, Büffeln und anderen Großwildtieren führten. An jeder der Wände des Jagdzimmers hängt eine fellgewordene Beute: Löwe, Tiger, ein Leopard umrahmt von drei Meter langen Stoßzähnen, diverse Antilopen, Büffel, Gazellen und was in Afrika und Asien eben so herumsprang und sich schießen ließ. Im Flur nebenan hängen Dutzende von Schädeln und Geweihen und auf einem Büffelschädel steht „Kenia 1937“. Dieses Großwildjagen war bis in die 1960er Jahre angesagt, Hemingway hat darüber geschrieben und selbst heute kann man noch die „Big Five“ jagen, wenn man Geld genug hat - es ist fast wie früher.

Der Bettvorleger des Kolonialismus
Der Bettvorleger des Kolonialismus


Aufregung ist hier fehl am Platz, aber man sollte seinen Kindern vielleicht erklären, wie Abenteuerlust und Ausbeutung zusammenhängen. Auf dem Mount Everest hat man ja nun auch den Massentourismus und die Ausbeutung der Sherpas. Übrigens hat Olaf Scholz am Ende seiner Amtszeit vom Staat Simbabwe vor ein paar Monaten zweihundert Elefanten angeboten bekommen, weil die Dumbos das Land kahlfressen, aber sie stehen unter Naturschutz und der Handel mit Elfenbein (= eigentlich Elefantenknochen) ist ja seit 1957 verboten, so daß ich einen Flügel von 1894 nicht in die USA verkaufen durfte, weil die Elfenbeintasten mit dem Artenschutzabkommen sechzig Jahre später nicht kompatibel waren. Das ist aber eine andere Geschichte.


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Die Ausgehuniform von 1569
Weiter geht es mit dem Rittersaal, der nun ein Konzertsaal mit hundert Stühlen ist. An den Wänden hängen Schlachtengemälde als Bilder oder als Teppich, ausgestellt sind etliche Spieße, Hellebarden, Äxte und alles, was man zum mittelalterlichen Töten so braucht.

Der Flügel ist mit einer Flügeldecke geschmückt, in die diverse Wappen eingearbeitet sind - es mag stilecht ausshen, ist es aber nicht, denn als die Wappen wichtig waren, gab es die Flügel noch nicht und wenn man für die Instrumente später eine Decke brauchte, waren die schwarz oder braun. Jedenfalls ist dies ein etwas teureres Unikat.

Vorne steht immerhin noch eine Ritterrüstung, aber das ist eher die Ausgehuniform, denn sie ist so blank und unbeschädigt wie bei der Auslieferung vor 450 Jahren (1569). Ich habe in vielen Museen originale und gebrauchte Rüstungen gesehen, aber die meisten hatten Löcher und Dellen und man sah ihnen an, daß sie gebraucht worden waren - manchmal sah man auch, daß sie nicht geschützt haben.

Vom Rittersaal gehen aber diverse Schlaf-, Gäste-, Musik- und Besprechungszimmer ab.

Zu sehen sind immer ein opulentes Bett, oft ein Sekretär, bei dem meine Frau feuchte Augen kriegt, diverse Utensilien wie Frisiertische, Teetische, Beistelltische und alle in einer Möbelqualität, die wir als IKEA-Geschädigte kaum noch finden, geschweige denn bezahlen können. Man darf es ja nicht, aber wenn man über das dreihundert Jahre alte Holz streicht, merkt man sofort den Unterschied zwischen alt und auf alt gemacht. Übrigens war dies ein Turmzimmer, also zwei Fenster pro Raum und so hell, daß man noch lange am Tag Briefe schreiben könnte. Heute ist das wurscht, weil die Computerdisplays ja beleuchtet sind. Aber es ist einfach schön!

Eins von mehreren Besucherzimmern.
Eins von mehreren Besucherzimmern.


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Das nächste Highlight ist ein überdimensionales Puppenhaus, der Titania-Palast. Guendolen, die vierjährge Tochter des englischen Malers und Ofiziers Sir Neville Wilkinson bat ihren Vater 1907, er solle für die Elfe Titania, die im Garten wohnte, doch einen Palast bauen. Als Offizier hatte Wilkinson genug Geld, als Maler machte er die Entwürfe und er begann mit dem Bau, als er aus dem Dienst in Südafrika wieder nach Hause kam. Das eigentliche Haus besteht aus handpoliertem Mahagoni. Im Lauf der Jahre flossen immer neue Ideen für die Räume und die Ausstattung ein, weil die Elfe ja auch Hausrat brauchte. Am Ende waren es ca. 3.000 Möbelstücke geworden, man hatte fünfzehn Jahre lang gebaut und als alles fertig wurde, war die Tochter erwachsen.

Der Titania Palast - ein Puppenhaus für Königstöchter
Der Titania Palast - ein Puppenhaus für Königstöchter

Alle Einrichtungsgegenstände sind Handarbeit. Die Einweihung 1922 nahm Queen Mary (Queen Mum) vor und der Palast wurde seit 1930 durch die Welt geschickt um Spenden für Kinderhilfsprojekte zu sammeln. Das war so erfolgreich, daß das Modell ständig unterwegs war. 1978 wurde das Luxuspuppenhaus bei Christie's von der Firma Lego ersteigert, sie ließ ihn restaurieren und zeigte ihn bis 2007 im Legoland. Seit 2007 steht er in Schloß Egeskov.

Hier sieht man vor allen Dingen die Ausstattungsdetails.
Hier sieht man vor allen Dingen die Ausstattungsdetails.

Die spötere Queen Elzabeth schaut mit ihrer jüngeren Schwester Margreth den Titania-Palast an
Die spätere Queen Elizabeth schaut mit ihrer jüngeren Schwester Margaret (im Vordergrund) den Titania-Palast an (Titania doll's house)

Dieses Foto ist in der Egesjov-Ausstellung mit 1922 datiert und der Text beschreibt dort die Einweihung des Palastes durch Queen Mary im Jahr 1922. Dies kann aber nicht stimmen, weil Elizabeth ja erst 1926 geboen wurde. Im Königlichen Foto-Archiv dann die Erklärung: Das Foto stammt von 1937 . Wer der ältere Herr ist, habe ich noch nicht herausbekommen, der
Großvater der Mädchen ist es jedenfalls nicht, denn George V. starb bereits 1936.

Man sieht jedenfalls zwei staunende Prinzessinnen vor dem Titania-Palast. Ob sie ihn anläßlich der Eröffnung irgendeiner Spenden-Ausstellung gesehen haben, muß erst mal offen bleiben.




Das Bild findet sich in einer bsseren Auflösung im Königlichen Archiv.
Gelatine-Abzug RCIN 2511670

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Im gleichen Raum finden sich Vermerke über den Besuch Hans Christian Andersens auf Schloß Egeskov in den Jahren 1842 und 1848, außerdem Papierkleider für Anziehpuppen, die er 1860 für ein kleines Mädchen anfertigte, als er schon im Großvateralter war.


Weiter geht es eine Etage höher auf den Dachboden. Auf dem Weg dahin muß man an einer nachgestellten Duellszene vorbei, die zum Ausstellungort für eine Sammlung liebevoll geputzter Duellpistolen genutzt wird. Besonders gut gefallen hat mir der Damenrevolver aus jüngerer Zeit, der so klein ist, daß er in eine Hand paßt. Ich nehme an, der ist die schnelle und ideale Lösung für untreue Ehemänner gewesen, aber ich weiß es nicht genau. Eine Duellpistole kann man jedenfalls nicht in die Tasche stecken, die würde auffallen.
Der Doppeldecker á la Richthofen
Die Deckenhöhe sinkt auf dem weitere Weg auf etwa Kindergröße und man kann hier nur gebückt zur Treppe kriechen. Oben auf dem Dachstuhl sieht es aus wie kurz nach der Fertigstellung. Es zieht ein bißchen (ist gut für die Belüftung und Trockenheit) und hier oben gibt es keine Dachverkleidung, keine Isolation, keine Heizung. Im Winter wird hier einfach zugemacht.

Zu sehen ist altes Spielzeug aus Dänemark , England und aus Deutschland (Thysk).


Der Doppeldecker von 1920 hat Ähnlichkeit mit der berühmten Maschine von Manfred von  Richthofen (Der rote Baron),

Das Schiff von 1914 hat Ähnlichkeit mit der 1912 gesunkenen Titanic das Schiff von 1914 hat Ähnlichkeit mit der 1912 gesunkenen Titanic, wenn auch einen Schornstein weniger,
und das Motorrad aus den 1950er Jahren sieht so aus wie die Karren aus den Filmen mit James Dean.
und das Motorrad von 1955  sieht so aus wie die Karren aus den Filmen mit James Dean.

Man kann sehr schön sehen, daß auch das alte Spielzeug immer die Moden der Zeit abbildet. Es gibt englische Zinnsoldaten (um 1900), die man nicht von den dänischen Soldaten unterscheiden kann, ein Auto von 1950, Blechloks in allen Größen und Epochen und auf der einen Seite des Dachbodens ist eine Eisenbahn aufgebaut, in der verschiedene Maßstäbe durcheinander aufgebaut wurden. Insgesamt war dieses Spielzeug schon bei der Anschaffung ziemlich exquisit und heute ist es unbezahlbar. Man kann ja bei ebay mal stöbern.

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Zu sehen ist noch die alte Küche, wie man sie von vielen Burgen kennt - hier aber etwas umfangreicher mit jeder Menge Kupfergeschirr, Porzellangefäßen für die Gewürze und Lebensmittel, alles frei zu sehen, als ob man sofort anfangen könnte. Man kriegt direkt Lust zu kochen. In verschiedenen Schränken steht exquisites Porzellan mit Wappen und Beschriftung. Wahrschenlich stand es schon vor Jahrhunderten in diesen Schränken herum. „Strunzgalerie“ hätte meine Mutter gesagt.

Man kriegt direkt Lust zu kochen

Zum Ausgang kommt man an einem Portraits eines ehemaligen Besitzers vorbei - leider ohne Erklärung. Google konnte mir keine Auskunft geben, aber die Familie wird wissen, wer es ist.


Einer der vielen Egeskov-Besitzer aus der Barockzeit
Einer der vielen Egeskov-Besitzer aus der Barockzeit

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Es gibt zu Schloß Eggeskov auch einen Roman, der an der Kasse erhältlich ist. Ich habe ihn mir bestellt, muß aber noch bis nächstes Jahr warten, bis dei Übersetzung raus ist. Wenn ich ihn gelesen habe, schreibe ich etwas...

Das Buch zum Schloß

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