zurück nach Usedom
Einführung
Geschichte
Ahlbeck
Benz
Bansin
Heringdorf
Koserow
Peenemünde
Usedom (Stadt)
Zirchow
Geschichte,
Zielgruppe und Unterkunft,
Strandpromenade,
Seebrücke
|

Sonnenaufgang am Heringsdorfer Strand - der verläuft zwischen Nordwest und Südost. Sonnenuntergang am Meer ist nicht.
- Geschichte
- Auf
der Insel gab es seit dem Mittelalter zwei Güter, Mellenthin
und Gothen, die nach der „Eingemeindung“ 1713 an den preußischen Staat
fielen. 1817 konnte der Bankier Georg Bernhard von Bülow die Reste von
Gothen vom preußischen Staat kaufen. Weil die dazugehörigen Ländereien
bis an die Ostsee gingen, ergab sich die Möglichkeit dort zu
spekulieren und nachdem zwischen Ahlbeck und Bansin Teile des Waldes
gerodet waren, wurde dort eine Art Fischfabrik für Heringe errichtet,
ein „Heringsdorf“. König Friedrich Wilhelm III. besuchte als junger
Konprinz diesen Ort, der eigentlich in erster Linie den Handel
verbessern sollte und soll angeblich den Namen für dieses Kaff gewählt
haben.
Weil eine Investition in Pommern wirtschaftlichen Aufschwung versprach, investierten
Bankiers wie Hugo und Adelbert Delbrück und die Kölner Bank Sal.
Oppenheim in den nächsten dreißig Jahren in die Eisenbahnlinien
Berlin-Wolgast, Heringsdorf-Swinemünde und andere Strecken, kauften und
verkauften Land zur touristischen Erschließung für Straßen, Promenaden,
Seebrücken, Hotels, Villen, Pensionen und Badeanstalten und
finanzierten alles durch Staatsanleihen, für die der preußische Staat
bürgte. Als das neue Urlaubsparadies fertig war, kam Kronprinz
Friedrich Wilhelm III. 1866 zum Baden, brachte Weib, Kinder und
Hofstaat mit und gab Usedom durch diesen Besuch den Ritterschlag des
Tourismus.
In
Heringsdorf nächtigte Friedrich Wilhelm bezeichnenderweise in einem Haus der
Bankierbrüder Delbrück, die mittlerweile als „Financier des Preußischen
Staates“ galten und nur zu gut wußten, wie man Geld verdient -
später gründete sie die Deutsche Bank, noch später war die Familie
Delbrück im Dienst des Reichskanzleramts und noch später wurde aus dem
Heringsdorf die „Aktiengesellschaft Seebad Heringsdorf“. Reicher als
die Delbrücks war nur noch Gerson von Bleichröder, der als reichster
Mann Preußens und als viertreichster Mann der Welt galt und der den
Deal zwischen Banken und preußischem Staat eingefädelt hatte. Im Prinzip
war
Usedom nach dem Kaiser-Besuch eine Adresse der Reichen und Adeligen
geworden und weil die meistens dieser Gruppe aus der Reichshauptstadt
kamen, wurde das Dorf die „Badewanne Berlins“ - noch schlimmer als es
in Boltenhagen heute der Fall ist.

Typische Villa an der Strandpromenade Richtung Bansin
- nach oben
Später, als Kaiser, schaffte Wilhelm I. den Besuch
nicht mehr - erst sein Enkel Wilhelm II. wurde wieder regelmäßiger
Gast. Als Kind wurde er in die familiäre Sommerfrische mitgebracht, als
Erwachsener kam er weniger aus Badefreude, sondern, weil in Swinemünde
öfter Seemanöver stattfanden, an denen Wilhelm II. als Beobachter gerne
teilnahm. Bis heute hat jedes Kaff auf Usedom deswegen einen Kaiserhof,
eine Kaiserstraße oder ein Hotel Kaiser Wilhelm und die örtlichen Friseure bieten eine „Kaiserwelle“ an - kein Witz.
Nach 1866 war die Insel also sehr angesagt und insbesondere Bankiers,
Anwälte und Ärzte leisteten sich nun gerne
Villen dort, denn um die Villen war es ruhig, der Strand war breit, der
Sand weiß und für die Damen gab es ausreichend Badekarren. Weil die
Hälfte dieser Berliner Eliten jüdisch war, hatte
dies Konsequenzen für die späteren Besitzer in der NS-Zeit und weil man
noch später - nämlich in der DDR - mit den Villen der ehemaligen Nazi-Nutznießer nichts mehr zu
tun haben wollte, gammelten etliche Villen solange vor sich hin, bis
sie einstürzten oder durch moderne Hotels des Sozialismus ersetzt
wurden. Was heute noch an alten Villen steht, ist die Ausnahme - unter
einer Million ist an eine kleine heruntergekommene Villa nicht zu
denken und Wohnungen in Venedig sind billiger.

|

|
Villa in Strandnähe, leicht renovierungsbedürftig, zentrale Lage.
Gesehen im Oktober 2016 |
Die gleiche Villa neun Jahre später- der Besitzer scheint abwarten zu können. Gesehen im Mai 2025 |
- nach oben
- Zielgruppe und Unterkunft
Heringsdorf
muß man sich erlaufen oder mit dem Rad erfahren. Automäßig macht man
hier nicht viel, denn wenn man in die Innenstadt fährt, hat man
Parkmöglichkeiten für eine halbe Stunde und wenn man ins Parkhaus fährt
(der Tagespreis lag nun, 2025, bei € 12,00) ist man etwa einen Kilometer vom Zentrum weg. Wer
nicht gut laufen kann, für den ist der Ort nichts - vom nötigen Treppensteigen
mal ganz abgesehen.
Die erste Zielgruppe ist die Generation 50+ mit erwachsenen und nicht
mehr quengelnden Kindern, etwas Geld im Beutel und dem Bedürfnis nach
Ruhe, Lesen, Spaziergängen oder Fahrradfahren am Meer. Kinderlose Eltern und Großeltern können hier viel Zeit in der Gastronomie verbringen und Kulturausflüge über die Insel machen.
Die
zweite Zielgruppe sind jüngere Eltern ohne pubertierende Blagen
(P-Kinder), denn für die Kleinen gibt es Sand genug und einen großen
Spielplatz (an der Promenade, etwa in Höhe Badstraße), aber für junge
Familien mit kleinen Kindern ist Usedom nur im Sommer was, weil man
dann den Tag am Meer verbringen kann. P-Kinder brauchen sowieso nur ihr
Handy und die Wohnungen haben alle W-LAN. Wenn man diese Kinder nicht
den a/sozialen Medien überlassen will, muß man arbeiten und fahren:
Karls Erlebnisdorf, diverse Pizzerien, irgendwelche Ausstellungen mit
Tonkriegern, künstlichen Pferden, Dinosauriern aus Plastik, Hüpfburgen
und weitere Plastikwelten.
Wenn man ins Landesinnere geht, sind die Wohnungen nicht wesentlich
billiger, aber man hat kein Meer mehr. Wer Meerblick haben will, muß
etwa ein Jahr vorher buchen. Die Wohnungen sind nicht billig, aber die
meisten sind bezahlbar. In der Vor- oder Nachsaison zahlt man für eine
Woche ab ca. 130,00/Tag, in der Hauptsaison etwa ab 200,00/Tag (Hotels
etwa Faktor 2-3 mal mehr). Dafür hat man einen Stellplatz irgendwo und
kann im Normalfall über eine Treppe zur Promenade und zum Strand.

Sowas kann man kriegen, wenn man ein Jahr vorher bucht. Preislich ist man dann aber auch in Venedig...
nach oben
- Strandpromenade
- Die
Strandpromenade ist von Bäumen geschützt und bietet daher einen guten
Windschutz, denn wenn es im Herbst oder Frühling gerade sechs Grad hat
und ein frischer Ostwind
bläst, braucht man Mützen und Handschuhe. Heringsdorf liegt
zwischen Bansin und Ahlbeck. Eine Stunde gemütliches Spazierengehen und
man ist im anderen Ort.

Oben: Die Seepromende kurz vor Bansin
Unten: Alte Kiefern am Strand zwischen Heringsdorf und Bansin

- Man
könnte theoretisch bis Swinemünde laufen, aber das macht kaum jemand.
Richtung Bansin läuft man durch den alten Teil, Richtung Ahlbeck durch
den neueren und mondänen Teil.

- Die Konzertmuschel in Heringsdorf-Zentrum
- nach oben
- Seebrücke
- Im Herbst an der
Seebrücke
angekommen, erlebten wir eine Überraschung: Man machte
eine Tür auf und stand im Warmen, denn auf der Seebrücke (sie ist mit
über 500 Meter Länge eine der längste Deutschlands) gibt es eine
kleine beheizte - Mall mit Geschäften für Schuhe, Bekleidung und
natürlich
Freßbuden und Souvenirläden. Am Ende der Ladenzeile geht es wieder ins
Freie hinaus und dort stehen Glaswände, die den Wind zum größten
Teil abhalten. Da waren intelligente Leute bei der Planung beteiligt
und auch die Möwen wissen, daß man durch die Scheiben nicht
durchfliegen kann und jonglieren gekonnt zwischen den freien Stellen
herum.

Oben: Der Anfang der Seebrücke in Heringsdorf
Unten: Die Ausmaße dieser Brücke von Ahlbeck aus (Anfang nd Ende sind nicht drauf)

- nach oben
- Kulturell
gibt man sich in Heringsdorf Mühe, aber im Herbst ist die Insel zu achtzig Prozent tot
und wer mit sich nichts anfangen kann, sollte in der kalten Jahreszeit
nicht hierhin fahren - vor allem nicht mit kleinen Kindern. Man kann in
Heringsdorf schöne Villen begucken, dreimal auf die Seebrücke gehen,
ein paarmal am Strand laufen und dann ist man durch. Wenn man von
Berlin oder Brandenburg kommt, ist Heringsdorf o.k.. Für den Rest der
Republik gilt: Schleswig Holstein und die Küste bis zum Darß haben auch
schöne Strände, sind billiger und liegen nicht am Arsch der Welt.

- Früher Villa, heute Hotel - billig war Heringsdorf nie
Links zu Heringsdorf
https://de.wikipedia.org/wiki/Heringsdorf
http://www.haus-odin.com/drei-kaiserbaeder/bankiers-in-heringsdorf/index.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Gothen
http://www.kaiserbaeder-auf-usedom.de/
nach oben - weiter
|
|